Gott ist unterwegs

Dekan Wilde predigt im Innenhof von Schloss Neuburg und die Gemeinde sitzend auf Bierbänken hört zu.
Bildrechte Dekanat/Mauch

Bei schönstem Sonnenschein feierten die evangelischen Christen der Gemeinden Passau, Fürstenzell und Ortenburg an Christi Himmelfahrt einen gemeinsamen Gottesdienst im Freien auf Schloss Neuburg. Das Motto lautete: „Um Himmels Willen!“ Den Gottesdienst gestalteten Dekan Jochen Wilde und Pfarrer Johannes Keller gemeinsam. Für den musikalischen Part sorgte ein Bläserensemble unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Ralf Albert Franz.

„Wir sind flexibel. Sollten doch noch ein paar Tropfen vom Himmel fallen, dann ziehen wir einfach in die Schlosskapelle um“, sagte Dekan Jochen Wilde bei seiner Begrüßung der versammelten Gemeinde. Aber das war dann gar nicht notwendig. Die Sonne setzte sich immer stärker durch. Blauweißer Himmel - was will man mehr an Christi Himmelfahrt? Und auch die beschwingte Musik des Bläserensembles machte frohen Mut.

An Himmelfahrt drängt es die Kirchen nach draußen. Gottesdienste finden im Grünen, auf Gipfeln, an Seen, auf Campingplätzen und im Innenhof von Schloss Neuburg statt. Uns drängt es nach draußen, „weil wir spüren, dass es keinen festen Ort gibt, wo wir Gott finden, ihm begegnen können“, folgerte Dekan Wilde in seiner Predigt. Gotteshäuser garantierten keine Gottesbegegnung. „Überall ist er und nirgends“ heißt es in einem Kirchenlied. In großen Gotteshäusern wie der Nürnberger Lorenzkirche oder dem Passauer Dom verspüre er keine besondere Gottesnähe. Auf dem Gipfel eines Berges oder auch auf Schloss Neuburg hingegen gehe ihm das Herz auf. „Da fühle ich mich dem Himmel gleich ein Stück näher!“ bekennt er.

Blechbläser sitzen im Halbkreis im Innehof von Schloss Neuburg und spielen ein Lied.
Bildrechte Dekanat/Mauch

Mit beschwingter Musik bereicherte das Bläserensemble unter der Leitung von Ralf Albert Franz den Open-Air-Gottesdienst. Pfarrer Johannes Keller (im Talar) switchte zwischen Liturgie und Musik hin und her. Er verstärkte das Ensemble mit seiner Trompete.

Gott sei mit den Menschen unterwegs, das sei ein Wesensmerkmal des jüdischen und christlichen Glaubens. Dekan Wilde fragt: „Nimmt man dem Glauben nicht etwas von seiner Alltagstauglichkeit, von seiner Lebensrelevanz, wenn man ihn an einen besonderen ‚Heiligen‘ Ort bindet?“ Der hohe Gebäudebestand der Kirchen habe sicherlich auch zu einer gewissen Erstarrung, zu einer gewissen Bequemlichkeit geführt. Dekan Wilde ist deshalb froh, dass die meisten Kirchengemeinden neue Ideen und Angebote entwickelt haben. Sie gingen verstärkt „raus aus den Kirchen und hin zu den Orten, wo sich das Leben abspielt, und der Alltag regiert“. Gott binde sich nicht an bestimmte Orte oder Gebäude, sondern an uns Menschen.

Nach dem Segen durch Dekan Wilde und Pfarrer Keller sowie einem swingenden Schlusslied gab es noch einen kräftigen Applaus für die Musiker. Diese bedankten sich mit zwei Zugaben. Text und Fotos: Hubert Mauch