Oh Happy Day

Die Jazz Combo St. Matthäus bei ihrem Auftritt in der Stadtpfarrkirche
Bildrechte Dekanat/Mauch

Der zentrale Gottesdienst am Abend des Buß- und Bettags in der Evangelischen Stadtpfarrkirche St. Matthäus endete mit einem Gospelklassiker und Applaus. Die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes übernahm die Jazz-Combo St. Matthäus unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Ralf Albert Franz und glänzte mit neuen geistlichen Liedern. Dekan Jochen Wilde leitete den Gottesdienst und hielt die Predigt. 

Der Gospel-Hit „Oh Happy Day” der Hawkins-Singers ist laut Dekan Jochen Wilde eigentlich ein Buß- und Bettagslied, denn „im Liedtext geht es um die Reinwaschung der Sünden”, so wie am Buß- und Bettag. Er sei ein Tag der inneren Einkehr, des allgemeinen Innehaltens und des Umdenkens. „Unsere Zeit und das Land hat dies nötiger denn je“. Einer zwei Jahre alten Umfrage zufolge wünschen sich zwei Drittel der Deutschen diesen Tag als gesetzlichen Feiertag zurück. Über die Gründe lässt sich spekulieren. 

Grundlage seiner Predigt war ein Text des Propheten Jeremia aus dem Alten Testament, in dem es um die Hoffnung auf menschliche Selbsterkenntnis geht. Es ist die Urfrage des Menschen schlechthin: „Ist der Mensch fähig zur Umkehr? Kann er sein Verhalten grundlegend ändern und aus der Vergangenheit die richtigen Schlüsse zu ziehen?“

Der Bildhauer Ernst Barlach hat es getan. 1914 zog er mit nationalistischem „Hurra“ in den Ersten Weltkrieg. Die Front öffnete ihm die Augen, er dachtet um und drückte dies mit seiner Skulptur „Denkmal des Krieges im Dom zu Magdeburg“ aus. Dieses „Denkzeichen“ soll ein Umdenken und die Läuterung des Menschen bewirken.

Buß- und Bettag, das klingt etwas verstaubt, deshalb spricht Dekan Wilde lieber von „Tag der Selbstbesinnung und des Umdenkens“. Es sei ein Tag zum Nachdenken über Irrtümer im eigenen Leben und in der Gesellschaft. Wir alle seien bequem geworden und gingen den Weg des geringsten Widerstands und verdrängten die Wahrheit. Ein Beispiel hierfür sind die Versäumnisse der Wirtschaft in den Bereichen der Energieeffizienz, der Umwelttechnik, im Maschinenbau, der Medizintechnik oder Biotechnologie, die jetzt deutlich werden. 
Das Unangenehme wird weggeschoben, politische Gefahren und Risiken werden tendenziell unterschätzt - auch in der Kirche. „Der Preis für diese Bequemlichkeit könnte verdammt hoch sein!“, gibt Wilde zu bedenken. Der Mensch sei aber zur Umkehr fähig - Gott sei Dank! Die Bibel mache Mut diesen unbequemen Weg zu gehen. Oh Happy Day!
Text und Foto: Hubert Mauch