Mit einem festlichen Gottesdienst in der Marktkirche und einer anschließenden Feier an der Schule wurde Heide Hesse, die Direktorin der Evangelischen Realschule Ortenburg in den Ruhestand verabschiedet. Dekan Jochen Wilde sowie Vertreter aus Politik, Schulamt und Schulstiftung würdigten das engagierte Wirken der Schulleiterin.
„Spürbar anders“ das ist nicht nur der Slogan des 1. FC Köln, sondern war auch der spontane Eindruck, den Dekan Wilde gewann, als er 2020 zum ersten Mal als Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Erziehungsstiftung Ortenburg die Evangelische Realschule betrat: hell, freundlich, sauber, grüßende Schüler:innen, kein Schulmief. Dieser „gute Geist“, der in der Schule herrsche, sei das Verdienst von FC-Fan Heide Hesse und ihres gesamten Teams, sagte Dekan Wilde in seiner Predigt. Lehrende und Lernende begegnen sich hier auf Augenhöhe.
Dekan Jochen Wilde (re) segnet Schulleiterin Heide Hesse im Verabschiedungsgottesdienst in der Marktkirche.
Ihre Aufgabe habe die aus Nordrhein-Westfalen stammende Direktorin mit Gewissenhaftigkeit, Entschlossenheit, Zielstrebigkeit und Temperament wahrgenommen, ganze im pädagogischen Sinne der Begründerin des Ortenburger Schulwesens Gräfin Amalia Regina: weltoffen, mit gelebten Werten und am christlichen Menschenbild orientiert. Wilde dankte der scheidenden Schulleiterin für „ihre Loyalität, für ihre Bereitschaft, auch schmerzliche Entscheidungen mitzutragen und miteinander nach vertretbaren Lösungen zu suchen,“ Er wünschte ihr, dass sie die neuen Freiräume und Freiheiten nach 13 Jahren für die Evangelische Realschule genießen könne.
Bei der Abschiedsfeier in der Turmhalle der Schule nahm die Schülersprecherin Amelie Voggenreiter das Zepter in die Hand und moderierte souverän Festveranstaltung mit Grußworten, Danksagungen, einer Talkrunde, einem Faschingsumzug, einer Büttenrede und Geschenkübergabe. Für die musikalische Begleitung sorgte das Duo „Sax’n’Pi“.
Manuela Scheuchl (li) und Dekan Jochen Wilde (re) von der Evangelischen Erziehungsstiftung Ortenburg gratulierten Heide Hesse (Mitte) und überreichten ein Geschenk. In ihrer Ansprache lobten sie ihre herrliche Art, Offenheit und Klarheit.
Ute Wania-Olbrich von der Evangelischen Schulstiftung in Bayern dankte Schulleiterin Hesse für eine Schule, die für christliche Werte einsteht und Ausgrenzung widersteht. Sie habe wichtige Reformen angestoßen. „Ortenburg hat Zukunft“ und sei ein Ort des Lernens, des Wachsens und der Begegnung.
Sie habe Herz für Kinder und Jugendliche gezeigt, die Schule mit Fachkenntnis, Empathie und sozialer Kompetenz geprägt, sagte der Ministerialbeauftragte für Realschulen Manfred Brodschelm, in seinem Grußwort. Weiter bescheinigte er ihr „pädagogische Weitsicht“. Sie sei immer eine Kollegin gewesen, mit der man gerne zusammengearbeitet habe und habe die Welt der Anzugträger ganz einfach bunter gemacht.
„Schön war’s mit dir“ sagte der Ortenburger Bürgermeister Stefan Lang und zog den Hut vor den Veränderungen, die sie angestoßen hat.
Tiere führten den Karnevalszug an, der sich durch die Festgesellschaft und die Turnhalle schlängelte.
Höhepunkt der Abschiedsveranstaltung war ein Karnevalsumzug mit Kamellewerfen bei dem die Schüler:innen als Tiere verkleidet den Tierpark darstellten, als Ortenburger Feuerwehr, Racingteam auf Bobbycars, Fußballer:innen und als ERO-Realschüler:innen durch die Turnhalle marschierten. Ein Prinzenpaar mit Gardemädels erntete frenetischen Beifall.
Das Prinzenpaar mit Garde in Dirndlkleidern zeigten ihr tänzerisches Können.
In einer Büttenrede der Lehrerschaft charakterisierten Julia Weber und Maximilian Irl ihre „Chefin“ auf humorvolle Weise. Sie sei immer ein Garant für frischen Wind gewesen und habe für die Kolleg:innen immer eine offene Tür gehabt. Mit einem umgetexteten ABBA-Song bedankte sich die Schulfamilie bei ihr "für die wundervolle Zeit, wir werden Sie nie vergessen.“
Heide Hesse testet schon mal die Golfschläger, die sie von der Lehrerschaft als Abschiedsgeschenk bekam. Konrektor Andreas Hektor hält solange den Blumenstrauß.
Das letzte Wort hatte jedoch Heide Hesse selbst. In ihrer Dankesrede ließ sie die 13 Jahre der Evangelische Realschule Ortenburg noch einmal Revue passieren. Sie sei, allen Erwartungen zum Trotz, aus Bonn kommend „positiv geschockt“ gewesen: „Kein einziger Lehrer in Trachtenjacke, keine Maß Bier in der ersten Konferenz. Keine Jodel-Einlage zum Stundenplan.“ Stattdessen habe sie „moderne, freundliche, unglaublich engagierte Kolleginnen und Kollegen angetroffen. Einen Träger, der seine Verantwortung ernst nahm, Eltern, die sich einbringen wollten.“
Die Schule war für sie nie nur ein Arbeitsplatz, sondern Lebensort, Denkwerkstatt und spirituelle Tankstelle. Nun erwarte sie ein Leben in vollen Zügen und sie werde „einfach weitergehen, ohne Stundenplan, aber mit offenen Augen". Ruhestand sei für sie „eine Pause vom System, nicht vom Leben“, ein Loslassen, ein Innehalten und dann ein Weitergehen.
Sie werde viele Erinnerungen und das Wissen mitnehmen, dass eine Schule nicht von einem Menschen lebe, sondern von vielen. Von Herzen wünschte Heide Hesse der versammelten Festgesellschaft „Mut, Neugier und Humor“. „Jetzt gehe ich. Nicht leise, aber gelassen. Nicht nur mit Tränen, sondern mit tiefer Dankbarkeit.“
Am Ausgang spendierte sie jeder Schüler:in ein Eis.
Text und Fotos Hubert Mauch